Freitag, 9. März 2018

BCCG Kolumne Brexit Tagebuch - The Shape of Brexit




The Shape of Brexit

Hätte nicht gerade erst Liam Fox, International Trade Secretary - von The Telegraph wird Fox  „Brexit poster boy“ genannt - die immensen Vorteile eines EU Austritts gelobt, wären diese Zeilen kaum notwendig. Aber weil er das tat und außerdem die Oscar-Verleihung gerade stattfand, sollen hier einige Worte zu beiden Ereignissen verloren werden. Denn der Zusammenhang zwischen dem Brexit und dem als besten Film ausgezeichneten Shape of Water ist offensichtlich.

Die Handlung von Shape of Water ist einfach und romantisch-banal. Ein puddingartiges Gewächs aus teuflischen Chemielaboratorien verliebt sich in die Putzfrau der industriellen Anlage. Die Engländerin Sally Hawkins aus dem kleinen London Vorort Dulwich spielt die Reinigungskraft.  Um sie herum geistern zahlreiche septische Wissenschaftler und viel Hightech. Sally aber erkennt gemeinsam mit dem Monster, was wirklich zählt:  einzig die Liebe.  Ohne jede Frage ist der Film eine Metapher auf den Brexit.

Liam Fox ist ein Bürokrat. Seine Schilderungen vom EU befreiten Königreich nach dem Brexit wecken Schlaraffenland-Illusionen. Keine Gängelung mehr durch Brüssel, der Weltmarkt wartet nur auf die britischen Offerten des Finanzmarktes, die Wissenschaften blühen, die Welt hofft also auf einen entfesselten und boomenden britischen Kapitalismus und Handel, der gemeinsam mit China die Weichen eines stetig prosperierenden Wachstums voran bringt.  Tatsächlich aber fragt auch diese Kolumne, in welchem Land lebt Dr. Fox, welches Land meint er?

Nehmen wir nun einmal an, Sally Hawkins repräsentiert im Film Theresa May und nehmen wir weiter  an, Dr. Fox spiegelt die Meinung und Gemütslage von Frau May, dann bleibt für den außenstehenden Beobachter nur die folgende Schlussfolgerung möglich:  Großbritannien muss raus aus der EU! Nur so wird dem britischen Volk Glück und Wohlstand möglich sein.

Aber der Oscar ausgezeichnete Film macht es uns nicht so einfach. Denn wollen wir nicht alle ein friedliches und humanes Zusammenleben, eben nicht nur als Beobachter, sondern aktive Mitspieler? 

Auch das hat Hollywood bedacht und zeichnete zwei weitere Referenzpunkte britischer Geschichte aus: Winston Churchill mit dem grandiosen Gary Oldman und Dunkirk, beides britische Dauerthemen. Letztgenannter Film stellt die mutige Evakuierung des Expeditionskorps vor den Nazifeinden dar.  Beide  Produktionen verweisen darauf, dass das Ende der Fahnenstange beim Brexit noch nicht erreicht ist. Mut und Courage, siehe Churchill, können eine scheinbar besiegelte Niederlage in einen Sieg verwandeln.  Und damit, so meint dieser Kolumnist,  schließt sich der Kreis zu dem Hollywood Film: Three Billbords Outside Ebbing.  Hier zeigt sich,  was eine Frau - eben keine Theresa May - erreichen kann, wenn sie bereit ist, das Schicksal mit Mut und Kraft in die eigenen Hände zu nehmen.  Dieser Film war leider keine britische Produktion. Das darf man positiv vermerken.

George Winterfield

BCCG.de


Donnerstag, 8. März 2018

Pressemitteilung: Firmen und Mitglieder der BCCG fürchten zunehmend einen harten Brexit


Firmen und Mitglieder der BCCG fürchten zunehmend einen harten Brexit.  

Die Unsicherheit über den Ausgang der Brexit - Verhandlungen zwingt Unternehmen inzwischen dazu, bei allen Planungen von worst case Annahmen auszugehen.


In einer Konferenz der British Chamber of Commerce in Germany zu Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Brexit diskutierten ca. 70 Rechtsexperten aus Unternehmen und Kanzleien über die rechtlichen Implikationen des Brexit für deutsche Unternehmen und dessen Auswirkungen auf die Vertragsgestaltung. Anwesend waren u.a. Vertreter der Automobilindustrie, von Banken und Versicherungen, industriellen Dienstleistern und aus der pharmazeutischen Industrie.

Nach einem Jahr der Verhandlungen sind wesentliche Probleme des Brexit nach wie vor nicht gelöst. Offen ist, welche Kompromisse von den Parteien noch eingegangen werden, um Handel, Industrie und Finanzdienstleister im Interesse von Arbeitsplätzen und Kosten so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Im Gegenteil. Die Unsicherheit über den Ausgang der Verhandlungen ist inzwischen sogar gewachsen. Die Problematik liegt wie immer im Detail. Und die Probleme treten jetzt in der zweiten Phase der Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich, bei denen es um die Umsetzung der Brexit-Entscheidung geht, in besonderem Masse zu Tage. Beiden Seiten ist insofern daran gelegen, zunächst einmal Zeit zu gewinnen. Deshalb wird es voraussichtlich eine Übergangsperiode bis zum 31. Dezember 2020 geben, in der Großbritannien noch weiter Mitglied des Binnenmarktes bleibt und in der das gesamte EU-Recht auch weiter für Großbritannien Geltung behält.

Wegen der gestiegenen Unsicherheit des Ausgangs der Verhandlungen richten sich Unternehmen schon heute im Rahmen ihrer Planung zunehmend darauf ein, dass spätestens nach 2020 jedenfalls eine Situation eintritt, bei der sich die Regeln für den Handels- und Rechtsverkehr mit Großbritannien grundsätzlich ändern. Weil die dafür zu treffenden Vorsorgemaßnahmen viel Zeit in Anspruch nehmen, bleibt den Unternehmen nichts Anderes übrig, als im Zweifel vom worst case, also einem harten Brexit auszugehen.

Mit Keynote-Vortrag von MdB Prof. Dr. Heribert Hirte und zwei Paneldiskussionen unter Moderation von Dr. Jens Rinze LL.M. (SquirePattonBoggs) und Dr. Stefan Kraus (Andersen Tax&Legal) hat die Veranstaltung diese gegenwärtigen und zu erwartenden künftigen Entwicklungen in Folge des Brexit näher beleuchtet.  Vorbeugende rechtliche Maßnahmen sind möglich und geboten, um rechtliche Risiken zu minimieren. So werden Verträge durch besondere Klauseln ergänzt, Lieferketten analysiert und geändert, sowie Niederlassungen oder Produktionsstätten bereits jetzt im jeweils anderen Land begründet, um die Präsenz vor Ort und damit den Marktzugang zu gewährleisten.

Allerdings: wie realistisch ist diese Risikovorsorge in Anbetracht der politisch schwachen Koalitionsregierung in London? Es wurde über die Möglichkeit einer Änderung der Mehrheitsmeinung in Großbritannien diskutiert, aber letztlich ist dies Spekulation und der harte Brexit derzeit die einzige planbare Variante künftiger Beziehungen zwischen EU und UK.

Andreas Meyer-Schwickerath, Geschäftsführer, BCCG


Dr. Stefan Kraus, Partner, Andersen Tax&Legal, Chairman der BCCG Brexit Expert Group Legal Issues